"Entschuldigung, war der 12 Uhr 15 Bus schon da?"
Ich schaue von meinem Handy hoch. Vor mir steht ein Mädchen, vielleicht 7 oder 8 Jahre alt. Sie ist außer Atem, offensichtlich gerannt, um besagten Bus noch zu bekommen. Ich werfe einen Blick auf die Uhr auf meinem Handybildschirm: 14:37. "Wahrscheinlich war er schon da, schließlich ist es schon halb 3. Ich kann es dir aber nicht sicher sagen. Ich stehe erst seit 5 Minuten oder so hier..." Vermutlich hat sie bei irgendwas die Zeit vergessen oder verschlafen. Es soll ja Menschen geben, die bis nachmittags schlafen können. Allerdings wirkt sie nicht zufrieden mit meiner Antwort. Sie kommt näher an mich heran und stellt sichauf die Zehenspritzen, um mir direkt in die Augen schauen zu können. Ihre Augen, nur noch wenige Zentimeter von meinen entfernt, zeigen keinerlei Verunsicherung. Erschrocken weiche ich zurück, meine Arme schützend vor mich hebend, um wenigstens etwas Abstand garantieren zu können, sollte sie mir folgen. Mit der Hand, in der sich immer noch mein Handy befindet, zeige ich den erleuchteten Sperrbildschirm in ihre Richtung. "Schau, es ist bereits halb 3. Der nächste Bus sollte allerdings in wenigen Minuten hier sein." Die Augen des Mädchens wandern zu meinem Handy. Nach nur einem kurzen Blick stellt sie wieder Augenkontakt her. "Auf welchen Bus wartest du denn?" Diese Konversation beginnt sich äußerst unangenehm an zu fühlen. Ich wende meinen Blick zur Seite. "14:40... der Bus um 14 Uhr 40." Das Mädchen kommt zurück in mein Sichtfeld. "Ist es nicht bereits zu spät dafür?" Die Frage irritiert mich. Ich habe gerade eben erst auf die Uhr geschaut. "Nein, ich habe dir die Uhr doch gerade erst gezeigt." Sie erwidert nichts und schaut mich nur mit ihrenzunehmend beunruhigenden Augen an. Einfach um den Blickkontakt mit ihr zu brechen aktiviere ich das Display meines Handys erneut und schaue auf die Zeit. 16 Uhr 48. Erschrocken schaue ich auf. Wie kann das sein? Ich hätte schwören können, dass es vor wenigen Sekunden noch viel früher war. Einfach um sicher zu gehen schaue ich erneut auf das Display. Diesmal fällt mir neben der sicher falschen Uhrzeit auch das Datum auf. Donnerstag der 14. November. November? Erneut blicke ich auf. Und tatsächlich ist das Mädchen mit einer warm aussehenden Jacke bekleidet. Ich fang an zu zittern, unsicher, ob es an meiner für die Jahreszeit unpassenden sommerlichen Kleidung liegt oder an der surrealen Situation, in der ich mich befinde. "Wa..." fange ich an zu fragen, da dreht sich das Mädchen plötzlich um und ruft erfreut: "Ah, da kommt ja der Bus!".
Comments (0)
See all