Willkommensgeschenk Part 1 (Casey POV)
Es vergingen zwei gewohnt, ereignislose Tage, die mich anfangs in der Vermutung bestätigten, dass die Entführung auf Jonas Person und weniger auf mich zurückzuführen war.
Bis jetzt war
die Suche in DC erfolglos geblieben und keiner meiner Heads hatte etwas
Ungewöhnliches zu berichten gehabt. Die große Freitagslieferung stand kurz
bevor und meine Aufmerksamkeit richtete sich notgedrungen zurück auf das
Geschäftliche.
Es war zwar ärgerlich, dass ich jetzt eine andere Methode finden musste meine
Werke zu verkaufen, aber finanziell gesehen verkraftbar.
In meinem vielbenutzten Maleroverall befand ich mich in dem lichtdurchfluteten Atelier, dass ich an die untere Etage meines Wohnhauses angebaut hatte. Jedes Zimmer des Hauses war auf Notwendigste beschränkt eingeräumt. Nur meiner Leidenschaft hatte ich ordentlich Platz eingeräumt und da natürliches Licht zum Malen am geeignetsten war, bildeten drei der vier Wände des Raumes Fenster. Nur die ans Haus angrenzende Wand war aus Stein und wurde von Regalen mit Malerbedarf gesäumt.
Eingehüllt in den vertrauten Geruch aus Lösungsmitteln und Ölfarben stand ich mit verschränkten Armen vor meinem aktuellen Werk und betrachtete es. Die Idee dazu war mir vor zwei Wochen auf meiner Reise durch Hong Kong gekommen. Ich hatte auf einem Fischmarkt mit einem Geschäftspartner gesprochen, als mir das Bild plötzlich glasklar vor Augen stand.
Es hatte mir in den Fingern gejuckt sofort mit dem Zeichnen zu beginnen, ein Gefühl, das ich von manchen meiner Bilder bereits gewohnt war. Es schien als hätten einige Malereien ein regelrechtes Eigenleben und wollten zur Leinwand gebracht werden. Den Drang zu Malen wurde erst erträglicher, wenn das Bild zu meiner vollsten Zufriedenheit fertiggestellt war.
Aktuell konnte man nur die Umrisse einer im Meer versinkenden Stadt ausmachen. Sie ähnelte nicht Hong Kong dafür war sie zu fremdartig. Trotzdem war ich davon überzeugt das sie mit der asiatischen Insel untrennbar verbunden war.
Mir gefielen die harten Linien des Ortes, der entstand und als ich wieder zum Pinsel greifen und die nächste Schicht Farbe auftragen wollte, summte mein Handy. Ich wischte mir die Hände an einem Tuch ab und griff nach dem Telefon.
„Judith?“ fragte ich nach einem kurzen Blick auf dem Display. Meine Assistantin wusste, wie sehr ich meine Zeit zum Malen schätzte, weshalb sie mich niemals wegen Kleinigkeiten anrufen würde. Sie war fähig genug die meisten Situationen selbstständig zu bewältigen und hatte sich bis zum heutigen Tag als unersetzbar für mich erwiesen. Aus beruflichen wie persönlichen Gründen.
„Herr Zambrana? Unser System hat soeben eine Sicherheitswarnung der Stufe 3 aktiviert. Offensichtlich versucht jemand hartnäckig etwas über sie herauszufinden.“
„Mich persönlich?“
„So scheint es. Ich habe hier mehrere Meldungen vor mir, dass sich nach dem Künstler hinter Herr Krewood erkundigt wurde. Auch der Sender kam dabei zur Sprache. Wie sollen wir verfahren?“
Also war es doch kein Zufall gewesen, dass Jonas entführt worden ist. Aber weswegen? Es gab bessere Ziele als ihn um zu versuchen an Informationen über mich zu gelangen. Eine Person davon hatte ich gerade am Hörer.
Nun gut, wenn jemand tatsächlich auf diesen Weg versuchen wollte mir Schwierigkeiten zu bereiten, würde ich mich zu wehren wissen.
„Abriegelung der Systeme. Separieren der einzelnen Zellen, die Heads gehen über zur Einzelarbeit. Ich werde keine weiteren Risiken eingehen.“ Im Hintergrund tippte es bereits, während ich meine Anweisungen formulierte.
„Ich bin in dreißig Minuten im Büro. Bis dahin stell mir bitte eine Übersicht der Auffälligkeiten zusammen.“ Ich legte auf und ging schnellen Schrittes durchs Atelier in das eigentliche Wohnhaus. Mein Schlafzimmer befand sich im einzigen Obergeschoss der kleinen Villa die ich gerade bewohnte. Es war üblich, dass Personen meines Vermögens dieses auch zeigten aber für mich bedeutete dieser Ort nur eine weitere Ansammlung an Dingen, die mich wenig interessierten.
In meinem Ankleidezimmer tauschte ich den Overall gegen einen maßgeschneiderten Anzug und warf einen kurzen Blick in den Spiegel. Mir war ein gepflegtes Äußeres sehr wichtig, weswegen es nicht in Frage kam mit vermeintlichen Ölflecken in den Haaren oder dem Gesicht das Haus zu verlassen. Da meine kurzen schwarzen Haare jedoch frei jeglicher Farbe waren, schlüpfte ich in die italienischen Designerslipper die mir passend zu dem Anzug verkauft worden waren und verließ schnellen Schrittes das Anwesen. In der Tiefgarage wartete bereits meine schwarze Kawasaki auf mich.
Ich nutze grundsätzlich kein Auto und so war sie das einzige Fahrzeug, das in dem großen Raum unter meinem Haus stand. Dafür war sie in einem einwandfreien Zustand, trotz der vielen Kilometer, die wir mittlerweile gemeinsam zurückgelegt hatten. Im langsamen Tempo fuhr ich auf die Rampe zu, die mich mit der Oberfläche verband. Als die Lichtschranke ausgelöst wurde, öffnete sich ein Tor über mir, das ebenerdig mit dem Rasen abschloss.
Ich gab Gas und verließ die Tiefgarage. Die weißen Kiesel des Weges flogen in alle Richtungen als ich auf das große Messingtor zuhielt, das mein Grundstück von der Straße trennte. Mit einem kurzen Drücken auf einen Knopf an meinem Lenker öffnete sich das Tor und ich bog auf die Straße in Richtung Innenstadt ein.
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