Ich stütze seufzend meine Stirn auf der Hand ab.
„Wenn diese blöde Flasche so verdammt wichtig ist, warum machen sie dann nicht ein Schild dran, auf dem -Achtung, nicht trinken- steht oder so?!“
„Oh. Mein. Gott.“ Sagt Aaron. „Du warst es?!“
„Nein“?“ lüge ich. Aber ich bin ein schlechter Lügner. Henry prustet los.
„Wie konntest du den Salon unabgeschlossen lassen?!“ Schimpft Aaron verzweifelt.
„Ich hatte es eilig, Okay?!“
„Seit wann trinkst du überhaupt Champagner?!“ will Aaron wissen.
„Trinke ich nicht- ich…“ Ich werfe Henry einen unsicheren Blick zu, doch er zuckt nur mit den Schultern.
„Es ist wegen der kleinen Blonden! Ich wusste es!“ Zischt Aaron.
„Hey! Jetzt tu mal nicht so, als hättest du nicht gestern dein Motorrad verwettet wegen der Rothaarigen!“ gebe ich wütend zurück.
Henry seufzt. „Okay, Jungs, Time-Out!“ Er nimmt mir das Handy ab und spricht selbst mit Aaron. „Bist du sicher, dass es genau diese Flasche war? Wann kommt der Typ, um sie abzuholen?“
Aaron überlegt kurz. „Ich glaube irgendwann nächste Woche.“
„Nagut. Dann bleibt uns nicht viel Zeit! Bring die Flasche her und wir reparieren das!“
„Reparieren? Was willst du da reparieren? Die verdammte Flasche ist schon geöffnet!“ Erwidert Aaron.
„Lass das mal unsere Sorge sein. Und bring irgendeinen neuen Champagner aus dem Supermarkt mit!“ Sagt Henry und legt auf, bevor Aaron noch etwas erwidern kann.
Ich sehe ihn skeptisch an. „Du willst echt die Flasche fälschen?“
Henry zuckt mit den Schultern. „Was sonst? Hast du eine bessere Idee? Wir haben noch ein Alu-Schweißgerät da hinten und ein bisschen Isofolie. Mal sehen was sich damit machen lässt. Es sei denn, du bist bereit unsere hart erarbeiteten Forschungsgelder für den Scheiß rauszugeben. In dem Fall reiß ich dir aber den Kopf ab!“
„Und du willst das zeig mit Billigchampagner auffüllen?“ Ich ziehe argwöhnisch eine Augenbraue hoch. „Meinst du nicht diese reichen Säcke können guten von schlechtem Champagner unterscheiden?“
„Was denn? Das merken die doch nie! Diese Flaschen werden nie ausgetrunken, sondern immer nur weiterverkauft! Selbst wenn Sie sie öffnen, können wir ein bisschen was von dem Alten drin lassen, für das Aroma. Die haben eh keinen Vergleich, wie das Schmeckt! Wie viele Flaschen soll es schon noch geben? Die sind doch voll selten! Außerdem verlieren sie ihren Wert, wenn sie nicht ungeöffnet bleiben.“
Ich lache in meine Bierflasche hinein. Henry ist echt der beste!
„Nagut. Ich bin auf dein Fälschungstalent gespannt!“
Nach einer Stunde taucht Aaron mit der Flasche im Labor auf. Es ist dunkel und außer uns und ein paar anderen Doktorandenstrebern zwei Etagen tiefer scheint keiner mehr im Haus zu sein. Perfekt!
„Nagut.“ Sagt Henry und stellt die Flasche auf der Arbeitsfläche ab. „Zuerst wieder auffüllen!“ Sagt er und lässt fachmännisch den Champagner über einen Durchlauftrichter in die Flasche hineinlaufen.
„Korken?“ fragt er und streckt die Hand aus. Ich reiche ihm den Korken.
„Bist du sicher, dass wir den wieder reinkriegen?“ frage ich zweifelnd.
„Wenn nicht, nehmen wir einfach den Kompressor.“ Antwortet er.
„Kompressor?! Macht bloß nicht diese Flasche kaputt!“ Aaron tritt unruhig von einem Fuß auf den anderen.
„Wenn wir den Korken nicht reinkriegen, ist es auch egal, ob die Flasche kaputt ist.“ Erinnert ihn Henry. „Außerdem machen die in den Produktionshallen das ja auch irgendwie.“
Nachdem der Korken wieder an Ort und Stelle ist, atmen wir alle einmal erleichtert aus.
„Jetzt nur noch das Topping!“ Henry schnappt sich ein wenig von der Schwarzen Isofolie.
„Halt! Da sind goldene Muster drauf!“ gebe ich zu bedenken. „Wie wollen wir das nachmachen? Die Originalfolie ist zerrissen!“
Henry überlegt kurz. „Wir schmelzen sie mit der anderen Folie zusammen.“
Aaron zittert nervös.
„Dann noch ein Stück goldene Folie für den Flaschenhals.“ Nach ein wenig Bastelei sieht die Flasche fast aus, wie neu. Ein fachkundiges Auge würde vermutlich schon erkennen, dass wir daran herumgewerkelt haben, doch vielleicht haben wir Glück und der alte Herr sieht nicht mehr so gut?
„Wir versuchen es erstmal damit.“ Ich präsentiere Aaron unser fertiges Meisterwerk.
„Und was, wenn er es bemerkt?“
Ich lasse erschöpft die Schultern sinken. „Dann bin ich dran. Also hoffen wir, dass es nicht dazu kommt.“
„Ach Quatsch!“ Henry klopft mir auf die Schulter. „Das sieht richtig gut aus! Als ob diese Leute je so eine Flasche im Original gesehen haben?!“
„Na gut… Jetzt gibt es sowieso kein Zurück mehr.“ Ich werfe Aaron einen warnenden Blick zu. „Wissen die anderen Mitbewohner davon?“ Aaron schüttelt den Kopf.
„Ich habe die Flasche als erster gefunden und versteckt. Wir sollten sie aber bald zurückbringen.“
Ich nicke und schnappe mir meinen Kater. „Zeit, nach Hause zu gehen, Watson.“
Henry drückt noch schnell ein paar Knöpfe an unserem Meinolf und tauscht eine leere Flasche aus, in der ein kleiner Schlauch gesteckt hat.
„Startest du noch schnell den neuen Zyklus für heute Nacht?“ frage ich über die Schulter.
Henry nickt und winkt mir zum Abschied. „Denk daran, neue Joghurts für Elena zu kaufen!“ Er überlegt kurz. „Und mir auch! Schließlich habe ich dir gerade den Hintern gerettet!“
Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue hoch.
„3€ oder 3700€? Was ist dir lieber?“ Fragt Henry schmunzelnd.
Stöhnend mache ich mich mit Aaron auf den Heimweg.
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