Erschrocken versuchte ich das schwächste Glied der Kette auszumachen.
Ich suchte den Jungen mit den blonden Locken, aber der stand leider neben dem bulligen Koloss.
Doch die Stimme des Captains blieb ganz ruhig, als er mir lediglich erläuterte:
"An Bord der Araçari entscheidet die Crew, ob sie eine neue Person aufnehmen, oder nicht. Diese Entscheidung wäre unnötig zu fällen, bevor du nicht überlegt hast, ob du zu uns passt und daher sollst du eine Vorstellung von allen Mitgliedern bekommen."
"Oh?" machte ich überrascht und atmete erleichtert auf.
Ohne sich von mir abzuwenden schnarrte er: "Smilla beginnt!"
Die freizügige Dame mit dem roten Kleid warf ihre braune Haarpracht zurück und sprach mit einer rauchigen Stimme, die von einem Leben mit reichlich Alkohol und Tabak zeugte.
"Ich bin Smilla, des Captains treuste…", dabei widmete sie Antonio einen vielsagenden Augenaufschlag, "...Begleiterin. Meine Spezialität ist die Diebeskunst und meine Waffe ist der Dolch." Sie schürzte die Lippen, als erwarte sie meinen Applaus und ich blickte verwirrt zum Captain.
Der schaute mich noch immer fest an und wieß nur auf die nächste Person im Kreis.
"John, schnellster Kanonier der französischen Kollonien, als Schiffbrüchiger auf der Araçari aufgenommen", stellte sich ein etwas älterer Mann mit dunkler Haut und kahl geschorenem Haupt vor.
Daneben stand "Joseph, mit meiner Axt schnitz ich dir einen Zahnstocher aus deinem Suppenlöffel während du ihn im Mund hast."
Seine dünnen Haare steckten unter einem blauen Tuch und seine starken Arme wiesen zahlreiche Narben auf.
Als nächstes kam der junge Mann mit den schwarzen Haaren an die Reihe.
Ich musste zugeben, dass vielleicht gerade sein gefährliches Aussehen ihn so schön wirken ließ. Seine dunklen Augen schienen unter den geraden Brauen eisige Blitze auf mich zu schießen und das gedämpfte Licht der Laternen betone seine harten Züge auf eine weise, die mir den Atem stocken ließ.
"Mein Name ist Sandro. Ich werde von der spanischen Marine als Desateur gejagt."
Um nicht zu erröten drehte ich mich dem nächsten Mann zu, der einen dichten Vollbart trug. Antonio folgte meiner Drehung und ließ mich nicht aus den Augen.
Der Bärtige tippte sich an die Mütze und verkündete: "Ich, Igor, habe die Augen eines Adlers und mein Platz ist das Krähennest!"
Dann kam der lockige Junge an die Reihe und überraschte mich mit einer erwachsenen Stimme, die nicht mit seinem jugendlichen Aussehen und den süßen Grübchen in den Wangen übereinstimmen wollte.
"Hallo, ich bin Mika. Antonio passt auf mich auf seit ich noch ein Kind war und er bringt mir alles über die Seefahrt bei."
Ich schätzte ihn trotz der Stimme auf höchstens 19 Jahre und fragte mich, wie alt er wohl gewesen sein mochte, als Antonio ihn aus einer schrecklichen Lebenslage befreit hatte.
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