"Das Brandmark", verlangte er.
Ich schrumpfte unter seinem harten Blick zusammen. Er schien meine Geschichte nicht glauben zu wollen.
Zögernd drehte ich ihm den Rücken zu und hob langsam mein Hemd an.
Plötzlich war ich mir meinem Körper unangenehm bewusst und vergaß wie ich richtig atmen sollte.
Antonio sog scharf Luft zwischen den Zähnen ein und ich zuckte zusammen, als seine raue Hand mich plötzlich an der Seite berührte.
Die Wunde hatte ich bei meiner überstürzten Reise über den Ozean und entlang der ganzen Küste der neuen Welt nicht ordentlich versorgt. Es schmerzte und juckte, die Haut spannte von der Schwellung und wenn der Eiter hervorbrach verströmte er einen unangenehmen Geruch.
Vorsichtig streiften seine Finger das eingebrannte W der Welfen-Familie und die rote, pulsierende Haut darum. Mir lief eine Gänsehaut über den ganzen Rücken. Mein Herz klopfte und ich befürchtete, Antonio würde es bemerken.
Ich versuchte zaghaft das Hemd wieder zu senken aber der Captain riss es mir energisch über den Kopf. Er stieß mich auf den Schreibtisch zu und drückte meinen Oberkörper mit einer kräftigen Hand im Nacken über die Arbeitsfläche.
Ich erwartete weiß Gott was, aber nicht, was er tatsächlich tat.
Mit einer Nadel, Tüchern und Alkohol versorgte Antonio im Licht der Kerzen auf dem Schreibtisch behutsam mein Brandmark, indem er den Eiter abließ und es desinfizierte.
Jede Berührung brannte wie Feuer auf meiner nackten Haut und das lag nicht nur an dem scharf riechenden Alkohol, den er sanft mit einem Tuch auf die Wunde tupfte.
Mir lief der Schweiß von der Stirn vor lauter Anstrengung meine gebeugte Haltung nicht zu ändern. Schlussendlich zog Antonio mich an der Schulter nach oben.
Ich wollte meine Dankbarkeit mit einer Verbeugung Ausdruck verleihen aber seine Hand an meiner Schulter hielt mich aufrecht.
Wie gern ich mich wieder angezogen hätte, um dem intensiven Blick des Captains zu entkommen, der jede Sommersprosse auf meiner hellen Haut wahrzunehmen schien.
Sein Arm wirkte daneben so dunkel und angesichts seiner vernarbten, tätowierten Haut kam ich mir so unreif vor, obgleich er kaum fünf Jahre älter sein durfte als ich.
Was war das nur für ein wilder Mann, in dessen Hände ich mich auf Gedeih und Verderb begeben hatte. Warum versorgte er einfach meine Wunde? Hatte ich ihn tatsächlich von meiner Geschichte überzeugt? War es mir gelungen, die Sympathie des berüchtigten Antonio zu gewinnen?
"Du solltest diese Wunde besser versorgen, Mann", sagte er barsch und stampfte an mir vorbei an Deck.
Ich beeilte mich mein Hemd wieder anzuziehen, meine Beine jedoch zitterten wie Espenlaub, sodass ich mich noch für einen Moment auf den Boden der Kajüte setzen musste.
Einige Atemzüge musste ich warten, bevor ich ihm nach oben folgen konnte.
Ich betete zu Gott, dass das Urteil der Crew positiv für mich ausfiel.
An das, was danach kam, mochte ich lieber nicht denken, egal welches Urteil mich erwartete.
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