Liebes Tagebuch,
Mein Herz raste, meine Hände waren so schwitzig, dass ich kaum imstande war den Schlüssel in das Schloss zu meiner Wohnung zu stecken.
Ich kniff meine Augen zusammen, kaum dass ich das vertraute Klicken hörte, das der Schließmechanismus beim Öffnen verursachte.
Vorsichtig linste ich erst mit einem, dann mit dem anderen Auge. Dabei wusste ich nicht, was ich herbeisehnte. Erst als sich das Bild vor mir untrüglich manifestierte, wurde mir bewusst, dass ich erleichtert ausgeatmet habe.
Er war hier. Sah mich an mit einem traurigen Blick an, als hätte ich ihn verlassen. Wieder frage ich mich, ob das alles mein Wunschtraum ist. Ich bin mir bei gar nichts mehr sicher.
Ist der Geist vor mir echt? Sieht er mich wirklich an? Gilt sein Blick mir?
Ich räuspere mich, öffne und schließe meinen Mund, ohne das ein Ton über meine Lippen kommt. Erst als ich nervös mit dem Schlüssel in meiner Hand spiele und das metallene Klimpern wahrnehme, wird mir klar, dass ich in der geöffneten Wohnungstür stehe.
Mein Gehirn mischt sich ein und verlangt einen über Jahre eingeübten Rhythmus zu vollführen. Wie in einer Theater-Choreografie schloss ich die Tür, zog meine Jacke aus, legte den Schlüssel auf das kleine Brettchen im Flur und schaltete die Kaffeemaschine ein.
Als wäre es das interessanteste Schauspiel der Welt beobachtete ich Tropfen für Tropfen in die Kanne fallen, bis ein kleines Piep verkündete, dass die Maschine fertig war. Ich holte eine Tasse aus der Hänge, gab als erstes Zucker, dann Milch zu dem herrlich duftenden Gebräu und setzte mich an meinen Küchentresen.
Erst nach dem ersten Schluck blickte ich wieder zu ihm. Er sah mich an. Diesmal war ich mir sicher. Merkwürdig, dass ich mir dieser Sache schlagartig sicher war.
Langsam stellte ich die Tasse ab, als hätte ich Angst jedes plötzliche Geräusch oder Bewegung würde ihn verscheuchen. Mein Blick glitt zum Schlafzimmer, wo ich die leere Leinwand erblickte. Ich nahm die Tasse wieder auf und führte sie zu meinen Lippen ohne zu trinken, meine Gedanken waren wie eine hyperaktive Kugel in einem Flipperautomat.
Was war wichtig? Was sollte ich ihn fragen? Ob er echt war? Sarkastisch verzog ich die Lippen und nippte dann am Kaffee. Würde mir eine Halluzination sagen, dass sie eine ist? Wahrscheinlich nicht. Ich brauchte eine andere Frage, eine relevante. Etwas, das mich wirklich weiter bringen würde. Am liebsten hätte ich mir selbst an den Kopf geklatscht wie in den Cartoons. Als würde mir ein Trugbild etwas sagen können das ich nicht schon selbst wusste… Plötzlich konnte ich die Kälte wieder spüren und den Geruch nach verwesendem Fleisch wahrnehmen. Mir wurde klar wie meine Frage lauten würde.
“Verursachst du diesen entsetzlichen Gestank und die erbärmliche Kälte in meiner Wohnung? “ Ich richtete meinen Blick so fest ich konnte auf seine Augen, während meine Hände sich an der Tasse, wie an einem Rettungsring, klammerten…
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