Liebes Tagebuch,

ich bin immer noch perplex. Er kann ihn sehen. Beide können miteinander kommunizieren, nicht nur, dass beide tun, als sei es das normalste der Welt.

Ist das eine Massenhalluzination oder ist der Mann neben mir wirklich ein echter Geist?

Ich bin so verwirrt, dass ich etwas brauche an dem sich mein Hirn festkrallen kann, etwas das sich in realer Logik findet. Mein Blick fällt auf das Porträt.

"Das ist keine Frau." beharre ich und ernte von zwei Paar Augen überraschte Blicke so als hätten sie diesen Punkt der Diskussion schon abgehakt. Während mein Geist wieder ein finsteres Gesicht macht beginnt mein Nachbar zu grinsen.

"Stimmt Hyazinth ist keine Frau er ist dennoch die Burgherrin und die erste Frau meines Ur-Ur-Ur-Ur-Ahns." Mein Nachbar sah provozierend in Richtung des Geistes. Die Beiden fochten einen Blickkampf aus während ich versuchte aus dem Ganzen etwas zu machen, das Sinn ergab.

"Aber wie hat er dann ein Kind bekommen?" Mit jeder Minute dieses Treffens fühlte ich mich dümmer. Mein Nachbar spuckte vor Lachen beinahe den Kaffee wieder aus bei meiner Frage.

"Wie bitte?"

"In der Legende des Wanderers..." Ich hatte den Satz kaum ausgesprochen da hob mein Geist genervt, eine Augenbraue und der Nachbar begann schallend zu lachen.

"Der Wanderer, mit seiner Horrorstory. Alles Lüge, obwohl, wenn du ihn fragen würdest, wäre es hohe Kunst. "Er rollte die Augen. Ich jedoch war jetzt völlig ratlos.

"Der Wanderer niemand anderer als die Tante meines Urahn. Sie wollte Schriftstellerin werden eine Art Mary Shelly, wenn man so will. Sie hat eine furchtbare Horrorgeschichte nach der Anderen über die Familie und die Burg verfasst. Böse Zungen behaupten, dass sie es nur getan hat weil sie etwas gegen Hyazinth hatte. Die Beiden haben sich nicht sonderlich gut verstanden ." Der Geist schnaufte bestätigend dann setzte mein Nachbar fort: " Ihre schriftstellerischen Ambitionen haben dazu geführt das bis heute die meisten Glauben wir seien Verflucht, alles was mit der Burg zu tun hat sowieso und jeder der mit uns in Kontakt kommt müsse innerhalb weniger Tage sterben, aber vorher verfallen unser Opfer natürlich noch dem Wahnsinn. Die Kunstwelt ist relativ klein , ich könnte die absurdesten Geschichten über Leute erzählen die mein Vater nach Expertise gefragt hat und mit Schimpf und Schande davon gejagt wurde. Die Leute glauben was sie glauben wollen.

Fakt ist keiner von uns ist verflucht, also naja außer Hyazinth, normalerweise können ihn nur Menschen sehen die mit ihm verwandt sind. Ich kann ihnen jedoch versichern er ist nervig aber völlig harmlos. Nichtsdestotrotz war mein Vater fuchsteufelswild, als er festgestellt hat, dass sein Porträt gestohlen wurde. Das ist allerdings eine andere Geschichte. Viel interessanter ist, dass sie wahrscheinlich irgendwie mit den Saalesteins verwandt sind, wenn sie Hyazinth sehen können." Er zwinkerte mir amüsiert zu .

"Sie haben mir immer noch nicht erklärt, wie er ein Burgfräulein gewesen sein soll." langsam wurde ich sauer, alles hier ging mir auf die Nerven.

"Er hat meinen Onkel geheiratet." Mein Gesicht wurde finster bei seiner Antwort, scheinbar reichte das für ihn, um endlich mit der Sprache herauszurücken:"Unser lieber Hyazinth stammt eigentlich aus einer Theaterfamilie. Er war der Star der Bühne, nur leider meist in Frauenkleidern, bei einem seiner Auftritte verliebte sich der Burgherr unsterblich in ihn oder besser gesagt in die Frau, die er vermeinte zu sehen. Hyazinth versuchte ihn abzuwimmeln, gab aber irgendwann auf und nahm die Geschenke, mit denen er überschüttet wurde, an. Niemand wollte riskieren, dem Burgherren zu sagen, dass er ein Mann war. Schließlich war man darauf angewiesen, weiter auf seinem Land leben zu können. Es kam, wie es kommen musste, kurz vor dem Ausbruch des Krieges bat mein Urahn um Hyazinths Hand. Natürlich kam nun keiner mehr darum, herum, dem Adeligen zu sagen, dass er keine Frau war. Spätestens in der Hochzeitsnacht wäre er aufgeflogen. Zur Überraschung aller war es dem Burgherren egal, es hinderte ihn auch nicht Hyazinth in Frauenkleidern vor einen Priester zu zerren. Hyazinth stellte sich als formidabler Geschäftsmann heraus und verhalf der Burg zu einem Reichtum, von dem wir heute noch leben. Leider ist er ziemlich jung und ziemlich betrunken vom Pferd gefallen und hat sich das Genick gebrochen. Mein Urahn ist nie darüber hinweggekommen. Falls sie sich die Frage stellen: Der internen Familienlegende nach entstanden alle Erben der Linie aus Nächten, in denen die zwei sich eine Dame teilten. Umso kostbarer ist das Porträt, das sie in ihren Händen haben, es ist das einzige Abbild von ihm ohne Kostümierung."

Mein Kopf fuhr Achterbahn. Okay er ist ein echter Geist aber dafür stimmt nichts über die Burg von dem ich meinte das es stimmt. Was bedeutet das?

"In meiner Wohnung stinkt es nach Verwesung, es ist saukalt und ich höre ständig etwas klopfen und mein Handy nimmt keine Bilder auf von dem Portät...." blubberte ich völlig hilflos vor mich hin.