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Necrosis (Weltentod I) [Deutsch]

III - Schatten

III - Schatten

Jun 24, 2024

Jahr 351 nach dem Götterkrieg, Sommer

Merun, Hauptstadt des Kaiserreichs


Von seinem Aussichtspunkt auf dem Dach des Wachturms konnte er das ganze Marktviertel überblicken. Obwohl es mitten in der Nacht war, waren die breiten Straßen noch hell erleuchtet und belebt. Laternen hingen von überstehenden Hausdächern und Ständen und vertrieben die Dunkelheit. Es wurden Angebote gerufen, es wurde gefeilscht, es wurde gestritten, es wurde gelacht und Musik gespielt. Jemand wich einem Karren aus und stolperte in eine Kiste voll Rüben und verteilte diese auf dem Boden. Trotz der Tage, die er jetzt schon in der Kaiserstadt verbrachte, war es ihm noch immer ein Rätsel, wie niemand in dieser Stadt jemals zu schlafen schien. Mit so regem Treiben dort unten würde er seinen Auftrag nicht erfüllen können. Er hoffte, dass die Zielperson bald in eine der dunkleren Seitenstraßen einbog. Das barg zwar die Gefahr, sie zu verlieren, doch die Schatten würden auch ihm Schutz bieten.

Der Avius schwang sich vom Dach des Turms. Der sanfte Wind unter seinen Schwingen trug ihn von Dach zu Dach. Fliegen konnte seine Art schon lange nicht mehr, aber es genügte, um auf dem Wind zu reiten. Ein Haus nahe der Hauptstraße erkor er zu seinem neuen Aussichtspunkt. Seine Zielperson schob sich unter ihm durch die Menschenmenge. Die immer-wache Stadt forderte selbst bei Nacht, dass man Mühe aufgebracht, sein Ziel zügig zu erreichen. Die Frau vertrieb einen Bettler, der ihr schon einige Zeit gefolgt war. Erst als sie ihn anbellte, dass er verschwinden solle, machte er kehrt und verfluchte sie. Falls sie versuchte, nicht aufzufallen, war sie ausgesprochen schlecht darin. Nicht, dass ein Ork in Merun unbemerkt geblieben wäre. Sie verirrten sich selten in Menschenstädte so weit weit im Osten.

Zwei Straßen weiter stieß sie dann mit einem voll beladenen Mann zusammen. Er fluchte laut. Und dann dämmerte es dem Avius: Sie war schlauer, als er angenommen hatte. Sie wollte auffallen. Es war weit schwieriger, jemanden zu ermorden, der alle Aufmerksamkeit auf sich zog, auf den alle starrten. Und sollte das nicht ausreichen, führte sie noch immer zwei Schwerter mit sich. Darüber allerdings machte sich der Avius weniger Sorgen. Wenn alles gut lief, würden ihr diese auch nichts nützen. Er war vorbereitet.

Er sprang ein Haus weiter, um sie nicht zu verlieren. Sie wusste, dass sie verfolgt wurde und es wurde schwieriger, ihr zu folgen. Sie mied die Schatten, blieb auf den breiten Straßen, sprach oder stritt gelegentlich mit einem Händler. 

Dann also Plan B.

Die Nadel blitzte im warmen Licht der Laternen kurz auf, bevor sie ihr Ziel fand.

Ihre Melodie muss vergehen. Und es würde ihn reich machen. Und es würde seiner Schwester die Freiheit schenken.

Die Frau fasste sich in den Nacken, wo der Dorn in ihrem Fleisch stak und verzog das Gesicht. Mit jedem Schlag würde ihr Herz das Gift durch ihren Körper pumpen. Weiter und weiter. Anfangs würde sie es nicht spüren; es dauerte einige Momente. Und dann war es zu spät.

Er strich die blau-grünen Federn auf seinem Kopf glatt und beobachtete sie weiter, um sicherzugehen, dass sein Auftrag erfüllt war. Doch die Ork ging einfach weiter, als wäre nichts geschehen. Hatte er sich verschätzt? Unmöglich. Selbst bei ihrer Größe und Statur musste die Dosis ausreichen.

Sie bog in eine breitere Seitenstraße. Hier gab es weniger Gedränge, keine feilschenden Händler, keine Stände und so kam sie deutlich schneller voran. Er beeilte sich, ihr zu folgen. Von Hausdach zu Hausdach. Er glitt ein Stück über den Wind; querte die Straße als ein Schatten. Kletterte eine Wand aus grobem Stein hinauf. Duckte sich in die Dunkelheit hoch über den Menschen. Er sah ein paar Tauben und schlug einen anderen Weg ein. Würde er sie wecken, wüsste sie, wo er war. Verdammt, warum fiel sie nicht um?

Sie sah sich nach links und rechts um und verschwand dann in einem dunklen Gässchen. Sie will es also so beenden. Bekam er also doch die Chance, ihr die Kehle zu öffnen.

Sie knickte ein, als sie ein weiteres Mal abbog und mit düsterer Genugtuung stellte er fest, dass das Gift doch begann zu wirken. Er segelte auf ein Dach direkt über ihr. In der Dunkelheit konnte er kaum noch ihre Umrisse erkennen. Die Lähmung breitete sich aus. Ein Bein zog sie hinter sich her und ein Arm hing schlaff herunter. Jetzt hilft ihr ihre Größe auch nichts mehr. Lautlos schwang er sich vom Dach auf sein Opfer herab. Doch sie duckte sie unter ihm weg und so landete er ungeschickt auf der Straße. Er hätte warten sollen, war zu ungeduldig. Das Überraschungsmoment war dahin. Doch er würde ihr nicht die Gelegenheit geben, diesen Fehler auszunutzen. Bevor sie ihre Schwerter ziehen konnte, machte er einen Satz auf sie zu und stach nach der Kniekehle des Beines, auf dem sie ihr ganzes Gewicht zu tragen schien. Ein Opfer, das am Boden lag, konnte nicht mehr kämpfen.

Doch diese Gelegenheit wollte sie ihm nicht gönnen. Sie trat nach ihm. Mit einem widerwärtigen Knirschen schlug ihr Stiefel auf seinem Schlüsselbein auf und verfälschte seinen Schnitt. Die Klinge verfehlte ihr Ziel und fand sich stattdessen seitlich in ihrer Wade. Er stolperte rückwärts und kämpfte gegen den Schmerz, der sich als dunkle Ränder in sein Sichtfeld fraß.

Ungelenk fing seine Gegnerin den Schwung des Tritts ab, zog eines ihrer Schwerter und führte in einer fließenden Bewegung einen Hieb von oben gegen den Kopf des Attentäters. Nur knapp wich er ihm aus und schaffte es im letzten Moment, die Klinge mit seinem Dolch abzulenken.

Götter, er hatte gehofft, das Gift würde schneller wirken. Etwas stimmte nicht. Lange würde er nicht gegen die Ork bestehen können; nicht im offenen Kampf. Sein nächster Angriff musste sitzen.

Er machte zwei Sprünge zurück; wollte sich mehr Spielraum verschaffen; wollte sich die Zeit geben, eine Schwachstelle zu finden. Sein Opfer beobachtete ihn nur ruhig und machte keinerlei Anstalten, sich auf ihn stürzen und es beenden zu wollen. Seine Nerven brannten, seine Muskeln schrien, seine Sehnen zuckten. Seine Schulter pulsierte mit dumpfen Schmerz. Warum tat sie nichts?

Vielleicht konnte er sie ablenken? Vielleicht würde ihm das eine Gelegenheit verschaffen. Ohne sie aus den Augen zu lassen, griff er in seine Tasche. Eine langsame, überlegte Bewegung. Er wollte sie nicht provozieren. Dann war die Luft zwischen ihnen erfüllt von feinem, gelblichem Pulver und es roch nach Schwefel. Jetzt nur noch ein Funke…

Die Ork verschwand aus seinem Sichtfeld. Es blieb nur noch ein vager Schatten. Sie sah nach links und rechts; versuchte, ihr Umfeld im Blick zu behalten. Wollte zurückweichen, doch ihr Bein gab unter ihr nach. Auf ihr Schwert gestützt kniete sie auf der steinernen Straße. Damit war es so gut wie vorbei. Doch sie hatte ihn wiedergefunden. Fixierte ihn. Funkelte ihn aus dunklen Augen an. Es war egal. Er zog den Dolch über Stein und Funken flogen.

Und dann war alles nur noch weiß. Selbst durch die geschlossenen Augenlider drang das grelle Licht. Eine Hand voll Tageslicht inmitten tiefster Nacht. Es war, als sah man direkt in die Sonne.

Jetzt musste er es schnell beenden. Der Blitz hatte mit Sicherheit Wachen auf sie aufmerksam gemacht. Er hatte bestenfalls noch ein paar Momente. Ein Satz und er wäre bei ihr und sein Dolch würde sich in ihre Kehle bohren. Und über das Kopfgeld müsste er noch einmal verhandeln. 

Er setzte zum Sprung an und wurde sofort niedergeworfen. Sein Kopf schlug hart auf dem Pflaster auf und bei dem Geräusch wurde ihm schlecht. Sein rechter Arm wurde taub. 

Das Kopfgeld reichte definitiv nicht aus. 

Er wollte sich hochkämpfen, doch es gelang ihm nicht. Er ignorierte die Schmerzen in seinem Schädel. Den Schwindel und die Übelkeit. Er sah zu seinem Arm hin. Dort ragte die Klinge eines Schwertes aus seiner Schulter und mit einem Ruck trennte sie Muskel und Sehne und brach Knochen. Das tätowierte Gesicht seiner Gegnerin hing über ihm. Sie kaute und schluckte etwas herunter. Sie verzog kurz das Gesicht. Ihr Gewicht auf ihm; er konnte sich nicht bewegen.

“Dachtest du wirklich, dass es so einfach für dich würde?” 

Sie ließ das Schwert los. “Halt das mal kurz für mich.” Dann wühlte sie wieder in einem kleinen Beutel an ihrem Gürtel und begann auf was auch immer sie gefunden hatte, herumzukauen. “Aber ich muss es dir lassen: du hattest mich fast.”

Sie spie auf die Straße und wischte sich übers Gesicht, bevor sie wieder nach ihrem Schwert griff. “Etwas weniger Übermut und du hättest mich erledigt. Die würden sich gut in ihrem Haar machen…” Sie strich über die Federn seiner Schwingen.

Der Avius atmete schwer. So hatte er sich ganz und gar nicht vorgestellt. So hatten sie ihm seinen Auftrag nicht beschrieben. Es sollte einfach werden. Die Gedanken schwirrten wild durch seinen Geist. Ein Schwarm aufgeregter Insekten auf der Suche nach einem Ausweg.

“Stumm?”, fragte die Frau verwundert, “Müsstest du jetzt nicht betteln?”

Wenn sie ein bisschen näher käme, könnte er ihr mit seinem Schnabel zumindest noch ein Auge auspicken. Dann könnte er vielleicht fliehen. Dieses verdammte Arschloch hatte ihm den Arm genommen. Er wollte sie schreien sehen. Er wollte nach ihr treten. Seine Klauen in ihr Fleisch bohren. Doch sie stampfte und brach ihm das Bein. Er heulte auf vor Schmerz.

Sie sah ihn enttäuscht an und schüttelte den Kopf. “Du machst es mir um einiges leichter.” Er wollte sie tot sehen. Wollte sie sterben sehen. Wollte zusehen, wie das Leben ihren Körper verließ, das Licht ihre Augen. War es zu Beginn nur ein Auftrag gewesen, hasste er sie jetzt.

Sie erhob sich zu voller Größe über ihm und sah ihm tief in die Augen, aber er konnte nichts darin erkennen. Keine Freude über den Sieg, kein Mitleid mit ihm, keine Abscheu über seinen Angriff auf ihr Leben. Nichts.

“Das nächste Mal sollen sie jemand besseren schicken.”


lkbirkl
Quiet Observer

Creator

Just finished overhauling this chapter since it introduces one of my favorite characters and I didn't do them justice the first time around. I think this is a lot better representation for who they are.
I can also better connect it to things happening later on, now that I finally know what's going on.

For the chapter... what's going on? An assassing stalks their target through the streets of Merun, the capitol of the human empire. Things take a turn for the worse.

#magic #Fantasy #orc #violence

Comments (2)

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fannythalhammer04
fannythalhammer04

Top comment

Das mit dem Pulver ist am Anfang etwas verwirrend, was genau ist das, und das er es wirft wäre noch nett einzubauen, und würde sich gut ihren Haaren machen?ist das nicht bevor sie sich treffen? Ansonsten liebe ich die Beschreibungen und wie du das ganze ausgeschmückt hast, soviel lebendiger dadurch die Szene. Achja, und was genau gibt sie ihm zum halten? Das Schwert? ^^

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