Die Fürstin dreht sich nach den Rittern um.
Ruby untersucht gerade Malos Wunden, was durch eben jenen mit unterdrücktem Jaulen und Stöhnen begleitet wird.
Rhiscea setzt sich in Bewegung und geht ein paar Schritte in die Richtung der beiden.
Ein wenig zu schnell, wie ihr die schwarzen Punkte vor ihrem Gesichtsfeld zeigen, also verlangsamt sie ihr Tempo etwas und bleibt schließlich nach ein paar mehr Schritten vor Ruby stehen.
Sie betrachtet die tiefe Wunde im Bauch ihres Ritters.
“Ist es sehr schlimm?”, fragt Malo besorgt
Als Antwort darauf schüttelt Ruby nur den Kopf.
Malo scheint ihr nicht zu trauen, denn er versucht sich weiter aufzurichten, um sich seine Wunden besser ansehen zu können.
Damit erreicht er allerdings nur, dass seine Wunde erneut aufreißt und ein kleines Rinnsal Blut über sein Hemd läuft.
“Nicht - bewegen!”, krächzt Ruby zornig. Der Handabdruck an ihrem Hals hat sich blaugrün verfärbt und auch die Blässe in ihrem Gesicht ist eindeutig nicht natürlich.
"Wenn ich das könnte, hätte ich diesem Vampirbastard schon längst eins übergezogen und es hätte gar nicht so weit kommen müssen", erwidert Malo laut und energisch und nickt in Richtung der Fürstin. Kurz muss sie überlegen was eigentlich vorgefallen war. Doch der pochende Schmerz in ihrem Hals lässt die Erinnerung sofort wieder aufleben.
Sie unterdrückt den Impuls ihren Hals mit der Hand zu bedecken, richtet sich stattdessen auf und hebe den Kopf: "Ich habe es von uns allen noch am besten erwischt."
Ruby senkt den Blick gen Boden und Malos gleitet seitwärts. Sie folgt seiner Richtung, bis ihre Augen an Siths reglosen Körper hängen bleiben. Auch das Blut an seiner Wunde ist bereits getrocknet. Doch seine Liegeposition hat sich nicht verändert.
Der Anblick des reglosen jungen Ritters liegt Rhiscea wie ein Stein im Magen. Sie braucht einige Augenblicke, bevor sie die Frage aussprechen kann.
"Lebt er?", fragt sie an Ruby gewandt.
Diese dreht sich jedoch nur von der Fürstin weg und bestätigt damit, was sie schon geahnt hat.
Mit langsamen Schritten, um das Zittern ihrer Beine zu verbergen, bewegt sie sich in Richtung des Mannes. Sie vertraut Ruby, aber sie wird es nicht glauben können, bis sie es selbst gesehen hat.
Bei dem unbewegten Körper angekommen streckt sie eine Hand nach seinem Hals aus und legt zwei Finger auf die Halsschlagader. Sie bleibt lange so stehen, darauf wartend einen Widerstand von der kalten Ader zu spüren.
Im Licht der langsam untergehenden Sonne betrachtet Rhea das Messer, welches sie dem Vampir abgenommen hat. Es scheint aus Geweih hergestellt worden zu sein, ist nur grob geschnitzt und auch nicht besonders scharf. Die Waffe, die hingegen in der Höhle gelegen hat, ist zwar aus demselben aber hochwertigerem Material. Eine Seite der Klinge ist geriffelt, die andere ist mit Runen verziert und einem Streifen Metall verstärkt, das sie stabiler und deutlich schärfer macht.
Es wundert sie, dass er zum Kampf die stumpfen Messer verwendet und das Scharfe versteckt hat. Wollte er es für etwas Besonderes aufsparen?
Die Verstärkung, welche Viktor zurückgebracht hat, eine kleine, unkoordinierte Gruppe an Menschen, wuselt auf dem Schlachtfeld umher. Einige laden Malo gerade auf eine Trage, andere versuchen verzweifelt Ruby davon zu überzeugen, ihre schwere Rüstung abzugeben und einige besonders Mutige schleifen den gefesselten Hybriden zu den Pferden.
Die Fürstin beschließt den Abtransport des Gefangenen besonders genau zu überwachen. Der Vampir scheint kaum bei Bewusstsein, etwas anderes hätte sie auch nicht erwartet, nachdem er von ihrem Blut getrunken hat, doch für den Fall der Fälle will sie nicht unvorbereitet sein.
Als er an den Pferden vorbeigetragen wird, spannen sich die Muskeln des Hybriden kaum merklich an. Im selben Augenblick liegt die Hand der Fürstin auch schon auf dem Griff ihrer Klinge, bereit sie im nächsten Moment aus der Scheide zu ziehen, doch der Vampir regt sich nicht mehr.
Die Garde, die ihn trägt, scheint nichts bemerkt zu haben. Vielleicht hat sie es sich auch nur eingebildet. Ein wenig Paranoia wäre durchaus zu verzeihen nach den Ereignissen des heutigen Tages.
Sie lässt ihren Blick weiter schweifen. Ruby hat mittlerweile die Rüstung abgegeben, ihr großes Schwert scheint sie aber unter allen Umständen behalten zu wollen. Malo flucht und schimpft lautstark, während seine wackelige Liege weggetragen wird. Einige Schritte von ihm entfernt, bedeckt ein weißes Laken eine menschliche Gestalt.
Sith…
Seit sie ihren Fürstentitel angenommen hat, gab es in ihrem engsten Kreis keinen einzigen Todesfall. Bis jetzt.
Es ist für die Geschworenen nicht ungewöhnlich, im Kampf zu fallen. Jeder einzelne von ihnen ist die rechte Hand für den Verteidiger der Stadt und es ist ihre Aufgabe, sowohl die Bewohner als auch ihren Fürsten mit ihrem Leben zu schützen. Sie sind immer an der Seite ihres Herrschers, wohin dieser auch gehen mag, aber genau das macht ihren Tod auch zu einem so schweren Verlust.
Sie hätte nie erwartet, dass Sith der erste sein würde. Der flinke, aufmerksame und in Waffengebrauch und Gefecht geniale Sith. Der begabte, liebenswürdige und treue Ritter, den sie vor so langer Zeit bei sich aufgenommen hatte. Den, der ihr fast wie Familie gilt.
Fast wie Familie galt, verbessert sie sich in Gedanken.
Sith ist nicht mehr.
Rhiscea schnappt nach Luft, als sie fühlt, wie sich eine Schwere über ihre Brust legt.
Nicht jetzt, die Fürstin muss noch eine Weile durchhalten.
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