Please note that Tapas no longer supports Internet Explorer.
We recommend upgrading to the latest Microsoft Edge, Google Chrome, or Firefox.
Home
Comics
Novels
Community
Mature
More
Help Discord Forums Newsfeed Contact Merch Shop
Publish
Home
Comics
Novels
Community
Mature
More
Help Discord Forums Newsfeed Contact Merch Shop
__anonymous__
__anonymous__
0
  • Publish
  • Ink shop
  • Redeem code
  • Settings
  • Log out

Necrosis (Weltentod I) [Deutsch]

VIII - Flucht (2/2)

VIII - Flucht (2/2)

Apr 06, 2025

Áed erwachte von seinem unruhigen Schlaf, als ihn ein Sonnenstrahl ins Gesicht traf. Sara ließ den Vorhang los und machte sich wieder über ihr Frühstück her. Es schien ihr deutlich besser zu gehen, als noch am Morgen. “Du hättest mich wecken können”, beschwerte sich Áed, noch immer verschlafen. Die Bank war hart, seine Glieder schmerzten, aber Heilige, wäre er gerne noch länger liegen geblieben.

“Hab ich.” Sara grinste ihn an, wurde dann aber schnell wieder ernst. “Wir sollten bald aufbrechen und so weit wie möglich von hier fort. Ich möchte nicht, dass wir irgendwo aufgeschnappt werden, wenn sich herumspricht, wer wir sind.”

“Ja. Und wohin?”, gab er zu bedenken und nahm sich selbst ein Stück Räucherspeck. Das Frühstück war bei weitem besser als die Rationen, mit denen sie die letzten Monate versorgt wurden. Er würde es sich nicht entgehen lassen. “Nach Süden zu den Freien Städten? Osena vielleicht? Ins Titanengrab? Ich hab gehört, die Städte im Himmel sollen wunderschön sein - Meisterwerke der Zwerge. Oder willst du lieber nach Osten? Die Haphas steht gut zum Kaiserreich. Ich glaube, da würde niemand schauen, wenn sich zwei Menschen mehr oder weniger unter die Felin mischen.” 

“Nach Merun”, kam ihre kurze, aber bestimmte Antwort.

“Nach Merun? Ist das dein verdammter Ernst? Bist du vom Blutverlust wahnsinnig geworden?” Áed war fassungslos. Hatten nicht all ihre Bemühungen das Ziel gehabt, genau das zu verhindern?

“Ich habe dort noch etwas zu erledigen, das…” Sie stockte. Überlegte kurz. “... das jetzt noch dringender ist, als zuvor.” Sie sah ihn direkt an. Sie würde keine Diskussion zulassen. “Es ist wichtig, dass ich nach Merun komme. Oder ich hoffe, dass es noch wichtig ist, wenn ich ankomme.” An jedem Satz hing eine schwere Last; jeder einzelne kam wohl überlegt, aber nur mit Mühe über ihre Lippen.

Áed seufzte. “Na gut, von mir aus. Du reitest nach Merun. Wie du willst. Was ist mit– Was ist mit was auch immer Cruidín überrannt hat?” Er wollte das Gespräch in eine andere Richtung lenken. Er hatte nichts mehr zu Merun zu sagen. Diese Richtung war allerdings nicht weniger unangenehm.

“Ich habe so eine Scheiße noch nie gesehen. Als ich den ersten gesehen hab– Heilige Flamme! Sie waren schon hinter den Palisaden, als ich sie gesehen habe. Ich weiß nicht, wie sie reingekommen sind. Und– Sie haben gefressen.” In ihren Augen sah Áed die Szenen aus Leibern und Blut und verzweifelten Schreien.

“Und wenn die Elfen davor geflohen sind? Deshalb immer wieder gegen unsere Linien angerannt sind? Sich in den Tod geworfen haben?” Er hatte nicht vorgehabt, es so offen auszusprechen. Er wusste nicht, wie sie darauf reagieren würde. Wie treu sie dem Kaiser und seinen Befehlen folgte.

“Ja. Und wenn schon. Ändert das irgendetwas? Fühlt es sich damit besser an, auch gerannt zu sein?”

Darauf fand Áed keine Antwort. Keine, die er aussprechen wollte. Also beendeten sie ihr Frühstück schweigend. Es gab nichts, was die Stimmung jetzt noch retten würde. Als sie fertig waren, packten sie an Vorräten zusammen, was sie für nötig hielten, und schlugen es in Tücher ein. Tasche fanden sie keine, also würden sie es so an ihre Sättel binden. Die Sonne stand mittlerweile in ihrem Zenit, hoch am Himmel, doch sie mochte sich nicht so recht gegen Kälte und Wolken durchsetzen, doch zumindest frieren würden sie jetzt nicht mehr, wenn ihnen auch der gelegentliche Windstoß durch die Mäntel fuhr.

Sie hatten gerade die letzten Reste ihres Gepäcks verstaut, als Áed seine Hand hob und Sara zu verstehen gab, still zu sein. Sie hatten sich gerade darüber unterhalten, was sie als nächstes tun würden, wenn sie die Stadt - oder das Dorf - erreicht hatten; sie waren sich zumindest einig, dass sie als erstes herausfinden sollten, wo sie überhaupt waren. Danach liefen ihre Wege auseinander. Sollte ihm auch recht sein. Er würde ihr nicht nach Merun folgen. Dann hatte Áed gemeint, etwas gehört zu haben. Sie brachen ihre Unterhaltung sofort ab und lauschten. Áed hatte es sich nicht eingebildet. Er hörte etwas hinter dem Stall; etwas kratzte über raues Holz. Er zog das Messer, das er dem Besitzer des Mühlhauses ebenfalls abgenommen hatte, und schlich den Stall entlang. Er lurte um die Ecke und verfluchte den Heiligen von Glück und Unglück.

Dort hinter dem Stall im Gras und im Dreck und auf welkem Laub saß ein Mann, als wolle er sich ausruhen, mit der Schulter an die Wand gelehnt. Er sah so erschöpft aus, in sich zusammengesunken. Dann sah Áed die grauen Haare, rot-braun an seinen Schädel geklebt; seinen leeren Blick; die monotone, abwesende Bewegung. Und dann die Schrecken von Cruidín. Er stolperte rückwärts. Wo Blut am Körper des Greises getrocknet war, war kein Fleisch mehr, sondern ölig-schwarz-schimmernder Panzer. Sein Unterkiefer hing in zwei Teilen schlaff herab. Und es war keine Hand, die über das verwitterte Holz kratze und dabei helle Spuren hinterließ. Aus einem Stumpf aus zerrissener Haut und zerrissenen Muskeln und gesplitterten Knochen ragte ein Dorn, die gleiche ekelerregende Masse, rost-braun beschmiert.

Áed beeilte sich zurück zu Sara. “Wir müssen hier weg!” Sein Herz schlug wie wild in seiner Brust. Auf Saras verständnislosen Blick fügte er hinzu: “Der Müller ist eines von diesen verdammten Dingern!”

“Indeera, warum?!”, fluchte sie. “Wir müssen sie warnen!”

Bevor Áed sie aufhalten konnte oder überhaupt die Gelegenheit hatte, sie zu fragen, wovon bei allen Höllen sie sprach, trieb Sara ihr Pferd bereits über die Brücke. Ein Donner von Hufschlag. Er folgte ihr. Entlang des Weges, fort von der Mühle, fort von dem Wald dahinter, in dem sich Götter wussten was verbarg, und fort von dem Fluss, der ihnen über Stunden den Weg gewiesen hatte. Und mit der Zeit wurde der Weg breiter, wurde zu einer Straße, fuhr wie eine Narbe durch die Landschaft, teilte Felder und Wiesen, schnitt durch einen kleinen, alten Wald, mit Bäumen so hoch, dass sie bequem unter ihren Ästen hindurch reiten konnten, querte Bäche und einen weiteren Fluss. Und dann erreichten sie eine Gabelung mit zwei Schildern, die ihnen den Weg wiesen. Dubnagh und Moore. Und dahinter bot sich ihnen eine Szene wie aus dem Götterkrieg – oder wie in Cruidín.

Die Palisaden - wohl in der Angst vor den Elfen errichtet - waren in Teilen eingestürzt, eingerissen. Durch das geöffnete Tor flohen Menschen aus dem Dorf. Wer nicht schnell genug war, endete wie unzählige andere: Mit Eingeweiden unter der trüben Herbstsonne, mit Blut, das der kalten Erde Durst stillte, mit glasigen Augen und verstummten Schreien und hilflosem Wimmern. Mit Zähnen und Klauen und Mandibeln, die sich durch ihre offenen Bäuche gruben; noch nicht tot, doch nie wieder am Leben.

“Wir sind zu spät!”, schrie Áed, doch Sara hörte ihn nicht oder wollte ihn nicht hören. Sie ritt weiter. In gerader Linie auf das offene Tor zu; auf die Hölle dahinter. “Sara!” Er fluchte. Er fluchte lauter. Er setzte ihr nach. Das war eine unglaublich dumme Idee. Es gab nichts, was sie hier tun konnte. Zu beiden Seiten rannten die Leute um ihr Leben und sie ritten geradewegs durch das Tor in das Chaos, das vor nur wenigen Stunden noch ein idyllisches Dorf gewesen sein mochte. In der Luft hing eine Kakophonie aus tausend Schreien; wo einer abbrach, setzte ein anderer ein; endloser Chor der verlorenen. Sie ritten die Straße entlang, mitten durch, mitten hinein bis zum Brunnen im Zentrum des Marktplatzes. Immer wieder trafen sie auf diese Dinger mit ihren schwarzen Panzern, die versuchten, ihnen nachzustellen und dann schnell wieder aufgaben, als sich ihnen ein leichteres Ziel bot. Andere fanden sie bereits fressend über ihr Opfer gebeugt. Sie fanden kaum noch einen Bewohner dieses Dorfes lebend. Die, die es hinaus geschafft hatten, mochten eine Chance haben, aber hier zwischen den Häusern lagen nur Tote oder Sterbende.

Áed hatte Tod gesehen, in seinen Monaten an der Grenze, hatte dem Sensenmann die Hand gereicht, hatte in seiner Ernte Halme geschnitten. Doch bei diesem Anblick wurde ihm Übel, zog sich ihm die Kehle zu, hämmerte sein Herz wie wild in seiner Brust, bekam sein Sichtfeld dunkle Ränder. “Sara!” Sie hörte ihn nicht. Dicke, fleischige Fäden hingen zwischen rot gefärbten Zähnen, tropften, fielen zurück in den Körper, aus dem sie stammten. Das Fleisch bot Widerstand; es riss. Áed trieb sein Pferd an und schloss zu Sara auf. Vor einem kleinen Haus sprang sie aus dem Sattel, strauchelte und wäre beinahe gestürzt. Sie ließ sich davon nicht beirren; sie stieß die Tür auf und rannte hinein.

“Éanna?!”, hörte Áed sie rufen. “Scheiße! Éanna? Bist du hier?” In ihrer Stimme lag Verzweiflung.

Er setzte ab, folgte ihr ebenfalls ins Innere. Heilige, das war so eine verdammt beschissene Idee. Noch waren sie allein hier, keines dieser Dinger war ihnen so weit gefolgt. Aber wie lange das so bleiben würde, wollte er nicht herausfinden. Hier lag nichts an seinem Platz, wie im Mühlhaus. Die Teller mit dem Rest eines Eintopfes standen noch am Tisch, der Topf auf dem Herd war umgestoßen worden, zwei Stühle lagen umgestürzt am Boden. Sara rannte die Treppe hinauf, rief noch einmal nach Éanna. Áed sah nochmal über seine Schulter, nahm sich dann ein Messer aus der Küche und stieg ebenfalls die Treppe hinauf.

Oben fand er sie in einem Zimmer, leer bis auf ein Bett, ein Regal und einen Tisch und Stuhl. Mit zitternden Fingern nahm Sara ein Buch aus einer Schublade im Tisch. Nichts auf seinem ledern-braunen Einband verriet, was sich darin verbarg. Sie drückte es an ihre Brust, sah nach oben, durch die Decke hindurch und flüsterte etwas, das Áed nicht verstand. Dann wandte sie sich zur Tür und zu ihm, Tränen in ihren Augen und auf ihren Wangen. Sie flüsterte: “Wir müssen hier weg.”

Sara versteckte das Buch in ihrem Mantel und schwang sich wieder auf ihr Pferd. Sie wehten durch die Straßen, zurück zum Marktplatz – “Hier nach rechts, zum anderen Tor!” – über umgestoßene Stände und Kisten, über Äpfel, die verteilt am Boden lagen, über Leichen und schließlich durch das kleinere Tor in Richtung Osten. Und Áed wurde übel bei dem Gedanken, dass sie niemanden hier retten konnten. Dass ihre einzigen Optionen waren, zu fliehen oder zu bleiben und ebenfalls zu sterben.

“Wo lang?”, rief Áed nach vorne zu Sara. Er wagte nicht, zurück zu blicken.

“Der Straße nach. Auf diesem Weg kommen wir am schnellsten nach Dunvegen.”

lkbirkl
Quiet Observer

Creator

Comments (0)

See all
Add a comment

Recommendation for you

  • Blood Moon

    Recommendation

    Blood Moon

    BL 47.6k likes

  • The Last Story

    Recommendation

    The Last Story

    GL 43 likes

  • Secunda

    Recommendation

    Secunda

    Romance Fantasy 43.3k likes

  • What Makes a Monster

    Recommendation

    What Makes a Monster

    BL 75.3k likes

  • Silence | book 1

    Recommendation

    Silence | book 1

    LGBTQ+ 27.3k likes

  • For the Light

    Recommendation

    For the Light

    GL 19.1k likes

  • feeling lucky

    Feeling lucky

    Random series you may like

Necrosis (Weltentod I) [Deutsch]
Necrosis (Weltentod I) [Deutsch]

911 views1 subscriber

What started out as a fantasy epic turns into an intimate exploration of characters and their lives through hardship.
"When the world is a dark place, do your best to make it a little brighter."
There is an apocalypse, there is romance and love, there are loving father figures.
Subscribe

45 episodes

VIII - Flucht (2/2)

VIII - Flucht (2/2)

17 views 0 likes 0 comments


Style
More
Like
List
Comment

Prev
Next

Full
Exit
0
0
Prev
Next