Der Morgen graute bereits und Vögel zwitscherten vor dem kleinen Fenster ihres Zimmers, als der Gestank nach Alkohol und das harte Landen auf dem Holzboden sie aus dem Schlaf rissen. 

„Au!“ Ein vollkommen betrunkener Havir zog ihr die Decke vom Leib und verkündete lallend das Gleichgewicht suchend, mit erhobenem Arm. 

„Dies ist das Bett von Havir, dem Mächtigen!“ Damit fiel er auch schon in selbiges und begann auf der Stelle zu schnarchen wie ein alter Bär. 

Phoenice beschloss, dass es an der Zeit war einige Dinge klarzustellen. Sie wusste auch schon, wie sie ihn dazu bekommen würde ihr zu hören und nicht nur sich selbst. 

 

Havir erwachte aus einem furchtbaren Traum. Er hatte geträumt, in einem rattenverseuchten Loch mit einer Elfe festzusitzen, die von ihm verlangte, sein Leben und vor allem seine makellose Schönheit zu riskieren, um ihrer Schwester zu helfen. Beim Augen aufschlagen musste er feststellen, dass er nicht geträumt hatte, sondern wirklich in einem Rattenverseuchten Loch fest saß, mit einer Elfe, die ihn ans Bett gefesselt hatte und ihn höchst zufrieden grinsend ansah. 

„sch..sch...“ diese Gewitterzicke hatte es doch tatsächlich gewagt, ihn den wunderschönen Havir zu knebeln, mit einem alten, dreckigen Lappen, wenn er nach dem Geschmack des Stoffes zwischen seinen Lippen ging. 

„So, Havir, der Eingebildete. Wir müssen ein paar winzig kleine Regeln für unsere gemeinsame Reise aufstellen.“ Phoenice brauchte all ihren Mut, um die Worte auszusprechen. Auch wenn er jetzt ihr Gefangener war, sie durfte nicht vergessen, dass er einer der mächtigsten Magier war. 

Havir glaubte, entweder der Alkohol würde ihm den Geist vernebeln oder aber er schlief noch und hatte einen neuen, noch viel furchtbareren Albtraum. 

„Erstens: Es geht hier nicht nur um dich! Zweitens: Tja, das war's schon. Ich muss nach Mius und wenn du dein Buch haben willst, sollten wir das vor dem zweiten Mond schaffen, sonst sind alle Seiten für immer leer.“ Die Drohung wirkte jedenfalls statt wie zuvor empört und eingeschnappt sah er sie jetzt wirklich, wirklich sauer an. Sie spielte kurz mit dem Gedanken ihn dort gefesselt zu lassen für ein oder zwei Tage, bis er sich beruhigt hätte, aber die Zeit saß ihr immer schlimmer im Nacken. Vorsichtig näherte sie sich ihm, um den Knebel zu entfernen. Schritt für Schritt würde sie ihn frei lassen und dann beginnen zu den Göttern zu beten, um Gnade. 

„Ich bin Havir der...“ Knebel wieder rein. Mist, sie schien keinen Schritt weiter zu sein. Irgendwie hatte er den Stofffetzen geschafft, aus seinem Mund zu bekommen, denn er setzte sofort neu an. 

„Ich bin Havir der Große und wenn du kleine Elfe mich nicht sofort losmachst ...“ fassungslos sah sie ihn an. Elfe? Er dachte, sie wäre eine Elfe? Phoenice konnte sich nicht so recht entscheiden, ob das zu ihrem Vorteil oder Nachteil war. Sicher es war Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende her das eine der Schwestern hinabgestiegen war, aber das selbst er als Magier sie nicht erkannte, gab ihr zu denken. Gerieten sie in Vergessenheit? War die Gefahr gar nicht so groß, wie die Älteren ihr erzählt hatten? Völlig in ihren Gedanken versunken, bekam sie nur noch den Schluss seiner Erzählung mit. 

„..das Herz eines Sterns.“ Ihr Herz schlug bis zum Anschlag, krampfhaft versuchte sie ihren Körper dazu zu zwingen, weiterzuatmen, ruhig zu bleiben. Sie durfte sich nicht verraten!